Wallnau

Walnau aus der Luft

Heimat ist für mich dort, wo ich meine frühesten, glücklichen Kindheitserinnerungen empfangen habe, und wo ich meine Jugend in einem bis zum letzten Zipfel bekannten Umfeld verbrachte. So heißt denn auch ein altes fehmarnsches Sprichwort: „Wat di ut de Kindheet lüücht, dat di as de Heimat düücht (deutet)!

Dieses frühe Eingebundensein in eine Großfamilie, Nestwärme, liebe Eltern, Geschwister, Großeltern, nette Tanten, Onkel, unser altes Fachwerkhaus an der Kirche, Großmutters Gastwirtschaft am Burger Markt mit dem Riesensaal zum Toben, Bänke unter den Lindenbäumen, Walnüsse trotz Verbot bei Schöne herunterknüppeln, Eierpflaumen aus Bäcker Liesenbergs Garten, Großvaters Gerüstschuppen in der Sahrensdorfer Straße. Fast täglich war ich bei allen, klapperte sie regelrecht ab: Schattmorellen, Zuckerei..! Mit knapp sechs Jahren wurde ich bei Herrn Georg Laage eingeschult. Mit Mutter an der Hand über den Friedhof.

„Herr Laage", so meine Mutter, „wir sollten Karl-Wilhelm noch ein Jahr zu Hause lassen, - er spricht nur Plattdeutsch..!" „Lassen sie ihn man hier, Frau Klahn, - er wird's schon noch lernen...!"

Wir Kinder in der Priesterstraße sprachen alle Platt, die vielfältigste, ausdruckstärkste, total verbindende und schönste Sprache der Welt, eine Sprache, aus der die Seele spricht.! Herr Laage als Burger Stadtarchivar machte schon im ersten Schuljahr mit uns „Knirpse" einen Ausflug längst des Wiesenweges, wo in Grassaus Wiese das alte Castell gestanden hat; im 2. Schuljahr nach Burgtiefe, zur Amtmannsfestung der Glambek. Er zählte von Dänen, von Holsten, von Seeräubern und weckte so früh unser Interesse für Geschichte. Bis zu meinen dreißiger Lebensjahren hatte der Sport, die Berufsausbildung, die Liebe, die Famiiiehbiidung absoluten Vorrang.

Fehmarn Strand

Bilck vom Südstrand

Danach fand ich schon mal am dienstfreien Donnerstagen den Weg zum Turmzimmer des Rathauses, wo mein alter Klassenlehrer vor einem Berg von staubigen Akten saß und monatelang für eine Firmenchronik nach archivalisch gesicherten Gründungsdaten forschte. Zuweilen bekam ich ein Foto in die Hand gedrückt mit der Bitte, doch mal Frau Dobert von gegenüber, oder Strandkorbvermieter Claussen, oder sonstige ältere Fehmaraner zu befragen, wer die abgebildeten Leute waren und möglichst mit Lebensdaten. Schon bald durfte ich wichtige Zeitungsartikel ausschneiden, einkleben und einordnen und wuchs so langsam in das umfangreiche Archivwesen hinein.

Zahlreiche Fortbildungskurse und Besuche des Landesarchivs in Schleswig mit Herrn Laage und seinem Nachfolger Georg Liesenberg vervollständigten die Kenntnisse. Nach 48 Dienstjahren als Bundesbahnbeamter ist es für mich geradezu ein „Jungbrunnen", meinem wahren Hpbby der Heimat-Erforschung als 2. Archivpfleger nachzugehen. Um mit den in langen Jahrzehnten gesammelten heimatkundlichen Quellen und Erfahrungen auch andere Heimatinteressierte zu erfreuen, publiziere ich zuweilen, soweit meine Großfamilie, Haus und Garten, sowie die Stadt- und Inselführungen es gestatten. Meine innere Antriebsfeder ist, das „Alte" nicht zu vergraben, die Lebensweise unserer Altvorderen auch der Computer-Generation zu vermitteln, damit sie nicht den Begriff Heimat auf „Windows 95" bezieht, sondern auf die unersetzlichen Fäden von Mensch zu Mensch, zur Familie, zu Haus und Hof, zur schönen, eiszeitlich geformten Landschaft unserer Insel.

Wallnau

Naturschutz Walnau

Heimat ist unersetzlich, das wissen nur zu gut unsere Millionen Heimatvertriebenen, die in vielen Verbänden auch nach 52 Jahren ihr Allenstein, Breslau oder Danzig nicht vergessen können. Heimatliebe, Heimaterinnerung hat magische Kraft, weil sie nicht nur etwas Ortsbestimmendes, sondern auch etwas Seelisch-geistiges inne hat. Und doch, es gibt kein zurück. Für die Erstgeneration bleibt es hier eine Zweitheimat, für die nächste Heimat. Die enorm wachsende Technisierung, die elektronischen Medien zerstören nicht nur Kindheitsträume, die Welt wird hektischer, unsicherer geworden, der Mensch wird isolierter, einsamer und sucht um so mehr einen Ort der Geborgenheit, der Stetigkeit, eine heile Welt: Wohl dem, der eine Heimat hat, sie ist Magnet und Kraftquell zugleich!

 

Mit freundlicher Genehmigung von Karl-Wilhelm Klahn

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